Nicolai M. Josuttis: IT-Communication    SOA-Manifest: Historie

Hier einige Erläuterungen zur Geschichte, zum Ziel und zum Format des SOA-Manifest.

Es besteht kein Zweifel, dass Thomas Erl, Autor von etlichen Büchern zu diesem Thema auf dem amerikanischen Markt, der Treiber für das SOA-Manifest ist. Anfang 2009 kam er im Rahmen eines SOA-Workshops in Schloss Dagstuhl mit der Idee eines Manifests, sprach im Nachgang verschiedene Autoren an, gründete eine Arbeitsgruppe, lud alle zu dem von ihm mitveranstalteten SOA-Symposium in Rotterdam ein und legte früh fest, dass dort am letzten Tag ein SOA-Manifest verkündet werden würde.

Ich, Nicolai Josuttis, kam zusammen mit dem Schweden Herbjörn Wilhelmsen ins Spiel, als Thomas Erl uns im Sommer 2009 ansprach, ob wir ihn bei dem ganzen Thema nicht organisatorisch unterstützen könnten. Wir hatten also eine Timebox zu organisieren, die am 23. Oktober ein Manifest hervorbringen sollte.

In der Folge trafen wir einige Entscheidungen, die dafür sorgen sollten, dass angesichts der knappen Zeit überhaupt ein befriedigendes Ergebnis herauskommen konnte: Für den 21. Oktober (also 2 Tage vor Verabschiedung) wurde ein ganztägiger Workshop mit allen Autoren angesetzt. Als Vorbereitung sollte jeder Teilnehmer im Vorfeld einen persönlichen Entwurf für ein Manifest verfassen. Und wir legten fest, dass das Format einfach vom Agilen Manifest übernommen wird.

Und so trafen sich die meisten Autoren dann am 21. Oktober 2009 und präsentierten ihre Vorschläge. Zum Mittag hatten wir etwa 50 Werte-Aussagen und 80 Prinzipien gesammelt. In den folgenden 48 Stunden wurden diese Aussagen zu 6 Werte-Aussagen und 14 Prinzipien "zusammengedampft", ein Prozess, der zu einer meiner bemerkenswertesten Erfahrungen von Gruppenarbeit zählt. In intensivster Kleinarbeit wurden in der ganzen Gruppe immer und immer wieder Aussagen zusammengefasst, diskutiert, verworfen, überarbeitet und Wort für Wort abgewogen.

Nun ist es nicht so, dass Autoren alle das gleiche Verständnis und die gleiche Meinung über SOA haben. Die Bandbreite an Meinungen spiegelte unsere unterschiedlichen Kontexte, Erfahrungen und Weltanschauungen wider. Aus diesem Grund wurde eine sehr wichtige Regel eingeführt: Keine Grundsatzdiskussionen. Diskussionen wurden immer anhand konkreter konstruktiver Formulierungsvorschläge für das Manifest geführt. Damit wurden Diskussionen schnell auf die Frage reduziert, ob wir mit einer bestimmten Formulierung leben können. Und wir konnten sogar hier und da unterschiedlicher Meinung bleiben, weil wir die gefundenen Formulierungen immer noch unterschiedlich interpretieren konnten.

Das klingt möglicherweise nach einer Gremienarbeit, die die Dinge nicht unbedingt auf den Punkt bringt, oder? Und da ist durchaus etwas dran. Andererseits hatte ich den Eindruck, dass bei allem Zeitdruck ab und zu auch mal zu lange über knackige Formulierungen diskutiert wurde und die resultierende Botschaft dann nicht mehr ganz so klar und prägnant war. Aber es waren immer Diskussionen, die mit großem Respekt und großer Offenheit geführt wurden. Und mit all unserer Expertise trug jeder dazu bei, dass alle Punkte, die konzeptionell mit SOA verbunden werden, diskutiert wurden.

Siehe auch Thomas Erls Anmerkungen zur Historie des SOA-Manifesto (auf englisch).

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